„Kunststoff-Mix ist das große Problem“

Stephan Horch erläuterte bei einem Vortrag im früheren Hallenbad Nord die Verschmutzung der Gewässer durch Plastikmüll. Bild: GML

Stephan Horch erläuterte bei einem Vortrag im früheren Hallenbad Nord die
Verschmutzung der Gewässer durch Plastikmüll. Bild: GML

Gelber Sack, blaue oder schwarze Tonne – seit fast 30 Jahren läuft die Mülltrennung für die Bürger, doch das Recycling klappt nur bei Papier und Glas gut. Hier liegt die Wiederverwertungsquote bei 80 Prozent. Das Problem sind die Kunststoffe: Von den jährlich zehn Millionen Tonnen Plastik, die in Deutschland hergestellt werden, entfallen vier Millionen auf Verpackungen. Doch davon werden nur etwa 200 000 Tonnen recycelt. Der Rest wird ins Ausland verkauft oder landet in der Müllverbrennung. Doch wieso ist die Recyclingquote bei Plastik so schlecht? „Das Problem sind die Materialmixe: Verschiedene Kunststoffe, die aufeinander gespritzt werden, und Aluminiumanteile“, erklärte Experte Dirk Textor bei einer Veranstaltung der GemeinschaftsMüllheizkraftwerk Ludwigshafen GmbH (GML) im früheren Hallenbad Nord. Appell: Verpackungen vermeiden Der 55-Jährige war viele Jahre im Kunststoffrecycling tätig und fordert vor allem ein Umdenken bei den Herstellern. Diese sollten bereits bei der Produktion an die Wiederverwertung denken. Das sei auch bitter nötig, denn China als einer der bisherigen Hauptabnehmer von Plastikmüll habe seit diesem Jahr einen Importstopp verhängt – aus Umweltschutzgründen. Das könnte sich auf die Preise für die Verbraucher auswirken, zumal ab 2019 auch in Deutschland die gesetzlichen Vorgaben deutlich strenger werden. Das neue Gesetz hält dazu an, Verpackungen zu fördern, die besonders gut recyclingfähig sind. „Was kann ich als Verbraucher tun?“, wollte ein Zuhörer wissen. „Nach Möglichkeit ohne zu viel Umverpackungen aus dem Supermarkt gehen“, lautete die Antwort von Dirk Textor. „Jutesack statt Plastiktüte, den Apfel auch mal offen kaufen und keinesfalls so etwas wie aufgeschnittene, eingeschweiste Tomatenscheiben“, lauteten seine Ratschläge. Was Kunststoffe in der Natur verursachen, veranschaulichte der Fotodesigner und passionierte Paddler Stephan Horch (44) . Er hatte vor Jahren angefangen, Plastikmüll aus Flüssen zu fischen. Inzwischen fand er viele Mitstreiter und begründete den Verein Clean River Project mit. Das gemeinnützige Umwelt-, Kunstund Bildungsprojekt setzt sich für saubere Flüsse und Meere ein und möchte die Plastikmüll-Verschmutzung durch Aufräumen der Gewässer und Aufklärung senken. Durch Inszenierungen des beim Paddeln gesammelten Plastikmülls soll das allgemeine Bewusstsein für die Problematik gefördert werden. Darüber hinaus werden Vorträge gehalten und mit Hilfe von freiwilligen Helfern Flussabschnitte von Plastikmüll befreit. „Was war dabei der skurrilste Fund?“, lautete eine Frage aus dem Publikum. „Eine Tierurne“, antwortete Horch. „Ihm ist es gelungen, Müllsammeln gesellschaftsfähig zu machen“, lobte GML-Chef Thomas Grommes. Dass so viel in der Natur landet, auch in einem entwickelten Land wie Deutschland, sei beschämend. hbg