Humor mit politischer Brisanz

„Ä schwere Geburt“ heißt das neue Stück, das ab Februar in der Hemshofschachtel zu sehen ist – und der Name passt gleich in mehrfacher Hinsicht. Bis vor wenigen Wochen war noch nicht klar, ob sich dafür überhaupt ein Hauptdarsteller findet, denn das musste ein Araber sein. Und als der dann endlich gefunden war, wurde bei den Proben um jedes Wort gerungen: hier und da wegen der Aussprache, oft aber auch wegen der politischen Brisanz. Denn das neue Stück will nicht nur unterhalten, sondern auch Position beziehen, ohne dabei Zuschauer zu verprellen – ein ungewohnter Spagat für die Hemshofschachtel. Hauptdarsteller der neuen Mundartkomödie von Rudy Kupferschmitt ist Salah Almosly. Der 35-jährige Syrer ist seit drei Jahren hier, wohnt in Bellheim und stand noch nie auf einer Bühne. Das hat sich vor gut vier Wochen geändert, als der Frisör-Azubi einer Kundin die Haare schnitt, die zum Ensemble gehört und im Nachbarort wohnt. Der Kontakt kam zustande, der junge Syrer ließ sich überzeugen und fährt seither regelmäßig zu den Proben nach Ludwigshafen. Dafür leiht ihm der Dorfpfarrer auch schon mal sein Auto. „Am Anfang hatte ich Angst, denn ich spreche nicht so gut“, meint Almosly. „Aber alle haben mir geholfen und es hat mir Spaß gemacht.“ Seine Deutschkenntnisse waren dabei nicht das Problem, sondern der Pfälzer Dialekt. „Das haben wir ihm aber beigebracht, und dazu auch noch etwas Französisch“, so Marie-Louise Mott. Denn er spielt einen Marokkaner, der nicht als Flüchtling anerkannt wird und dem die Abschiebung droht. Bis dahin ist es aber ein langer Weg, denn zuerst wird er adoptiert. Weil die Tochter auswärts studieren will, fühlt sich Mama Isabella unterfordert. Ihrem späten Kinderwunsch stehen aber biologische Hindernisse entgegen, und da kommt der aufgeschlossenen Oma Sofie ein ganz spezieller Einfall. Sie schleppt ein großes Kind an, den Vollwaisen Elias aus Casablanca. Von der Familie wird er gut aufgenommen, er lernt schnell die Sprache, Sitten und Gebräuche. Nur die Nachbarin pflegt ihre Vorurteile und lässt den einen oder anderen bösen Spruch los. Mit der Zeit lernt aber auch sie ihn kennen und schätzen. Und sie erkennt, dass man gar nicht so verschieden ist. „Das ist auch eine unserer Kernbotschaften“, so Regisseur Andreas Assanoff. „Wir wollen niemanden verteufeln, der berechtigte Ängste und Sorgen hat. Aber wir wollen auch dazu anregen, Dinge differenzierter zu sehen.“ „Er hat mir ein Gefühl von Heimat gegeben“ Integriert werde immer der Einzelne. Dafür sei die Sprache der Schlüssel, und das schon ab der Ankunft. Viele wollten mit anpacken, arbeiten gehen, statt nutzlos in Unterkünften zu sitzen und die Zeit totschlagen zu müssen. Auch das müsse möglich sein. „Teilhabe statt Ausgrenzung“, so Assanoff. Das beste Beispiel sei der Hauptdarsteller: „Wir waren schon ganz verzweifelt, weil wir lange keinen gefunden hatten“, erzählt Mott. Salah sei ein echter Glücksfall: „Er hat mir ein Gefühl von Heimat gegeben, von Zufriedenheit, als wenn wir uns schon ewig gekannt hätten. Er passt genau zu uns.“ Mit über 70 Jahren habe sie ein Stück auf die Bühne bringen wollen, das ihr wirklich wichtig sei. Und der Zeitpunkt sei auch richtig, denn Rassismus und Ausländerfeindlichkeit haben an den Stammtischen und in den Fußgängerzonen wieder deutlich zugenommen. Für Mott, die einst der Liebe wegen aus Frankreich kam, ist das „kein Zustand“, an den sie sich gewöhnen will. hbg i Termine und Reservierungen unter Telefon 0621/51 01 49 sowie im Internet unter : www.theater-hemshofschachtel.de