Die Zeit der Ungewissheit

Die Welt kommt zum Stillstand: Geschäfte und Restaurants schließen, Vereine stellen Aktivitäten ein, Menschen dürfen sich nicht mehr in Gruppen treffen – ein Szenario, das man sich vor ein paar Wochen in den wildesten Träumen nicht hätte vorstellen können. Doch es ist Realität. Wie sieht diese Realität auf dem Lindenhof aus? Lindenhof aktuell hat nachgefragt.

Es ist die Zeit der großen Ungewissheit – vor allem für den Einzelhandel und die Gastronomie im Stadtteil. Wie geht es weiter? Wie lange müssen Geschäfte geschlossen bleiben?
Für die Gastronomie gilt momentan (Stand 28. März), dass ab dem 19. April auch Restaurants wieder Gäste empfangen dürfen. Unter den Gastronomen steht allerdings fest, dass man sich auf eine längere Zeit einstellen sollte.
Der 19. April wurde als Termin genannt, als die Pandemie gerade in Deutschland ausbrach. Die momentanen Entwicklungen – auch in Mannheim – lassen allerdings wenig Hoffnung zu, dass dieser Termin eingehalten werden kann.
Für Gastronomen ist nun Kreativität gefragt, wobei diese natürlich auch ihre Grenzen hat. Das Ristorante Roma beispielsweise bietet nun einen Lieferservice an – ausgewählte Speisen werden nach Hause gebracht (siehe Anzeige auf Seite 3). Die vergangenen Tage jedoch zeigten auch, wie hart die Krise gerade hier zuschlägt. „Die Metzgerei“ beispielsweise muss – wie alle Restaurants – auf das komplette Ostergeschäft verzichten. Trotz der Komplettschließung will Inhaber Joachim Weber niemanden entlassen. „Wenn wir irgendwann wieder öffnen und die Leute ‚ausgehungert‘ zu uns kommen, dann müssen wir wieder zu 100 Prozent da sein. Und dann brauchen wir unser Personal“, so Weber. Zunächst sind die Gehälter sicher, wenn die Krise jedoch länger anhält, dann wird man auch hier auf staatliche Unterstützung hoffen.
Die Probleme sind vielschichtig. Ein anderes Beispiel: die Geschäfte sind geschlossen, über das Internet kann man aber immer noch bestellen. Das ist wiederum für den Buchhandel – der sowieso schon unter Internetbestellungen leidet – ein Fiasko. Die Inhaber versuchen aber alles, um den Kontakt zu der Kundschaft nicht zu verlieren. Die Buchhandlung Lindenhof beispielsweise bietet an, dass Bücher über den Webshop bestellt werden können, Noten und Geschenke zumindest telefonisch oder per E-Mail. Auch die Buchhandlung Böttger am Sennteichplatz wählt diesen Weg, es zahlt sich vor allem auch die „Abholbox“ für Bücher neben dem Geschäft aus, wo Kunden ihre Bestellungen „kontaktfrei“ abholen können.
Vita Balance auf dem Lindenhof hat dagegen schon freiwillig – schon vor Regelungen durch das Land oder die Regierung – reagiert und zusammen mit der ambulanten Reha Casana und der Physiopraxis Casana geschlossen. „Wir wollen nun, so lange wir noch vor die Tür dürfen, die Zeit ein wenig nutzen, um die Anlage auf Vordermann zu bringen, das Schwimmbadwasser zu wechseln und vielleicht einen neuen Anstrich zu machen“, so Studioleiter Sebastian Riffner. Für die Vita Balance heißt das nun auch konkret, dass man auf die Solidarität und das Einsehen der Mitglieder angewiesen ist, die hoffentlich ihren Mitgliedsbeitrag nicht zurück verlangen, „denn sonst bekommen wir echte Probleme. Wer es möchte und auch verlangt, für die finden wir nach dieser schwierigen Zeit sicherlich eine Lösung“, so Riffner.
Die Probleme, die Corona auslöst, sind ein Rattenschwanz und treffen auch Immobilienmakler Jens Hotzel: „Leider hat sich die Kette der Einschränkungen so schnell durch die Gesellschaft gezogen, dass selbst Kunden, die gerne eine Immoblie erwerben möchten, wenig Chancen auf eine Kreditentscheidung bei den Banken haben. Hier drückt sich bereits die Hysterie in der Wirtschaft aus“.
Andere Gewerbetreibende haben indes auch Probleme, ihre Miete zu begleichen und hoffen da auf ein Entgegenkommen der Vermieter – was nicht immer der Fall ist. Doch hier will der Staat helfen. Was den Einzelhändlern momentan bleibt sind die üblichen Anträge auf Stundung von Steuer und auf Kurzarbeit – und natürlich die Hoffnung, dass ihr Kundenstamm den Kontakt nicht einschlafen lässt. Man kann sich bei allen Geschäften erkundigen, welche Möglichkeiten es hier gibt, die Kreativität einiger kennt keine Grenzen. Sei es beispielsweise ein virtueller Rundgang durch die Galerie von Immobilienmakler Jens Hotzel im Internet oder die Angebote vom Atelier Raffler, das zu dieser besonderen Zeit einige Sonderaktionen bietet.
Nicht zu vergessen sind die Vereinsaktivitäten, die momentan auch zum Stillstand gekommen sind. Sei es beim Kanu-Club oder beim Gesangsverein – Treffen sind nicht erlaubt.
Der Fußball rollt ja schon seit Mitte März nicht mehr, auch nicht beim MFC Lindenhof. „Wir haben zwei Spiele in diesem Jahr absolviert, wann es wieder losgehen soll, weiß keiner“, so Fußball-Abteilungsleiter Rainer Jehle. „Wir können uns auch nicht vorstellen, dass es zeitnah weitergehen soll“.
Beim MFC hat das zudem noch weitere Auswirkungen: Die für den 27. März angesetzte Mitgliederversammlung musste auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Hier sollte ein neuer Vorstand gewählt werden – und auch ein neuer Vorsitzender, da Klaus Hartel nicht mehr antreten wollte. Nun wird seine Amtszeit unfreiwillig verlängert. sabi