Bayreuther Aktion ausgezeichnet

Der Caritasverband für die Diözese Speyer zeichnet den Besuchsdienst „Bayreuther Aktion“ der St. Dreifaltigkeit-Gemeinde (Hemshof und West) mit dem Nardini-Preis 2019 aus. Bereits im sechsten Jahr gibt es den Besuchsdienst, der einmal im Vierteljahr an einem Samstag zum sozialen Brennpunkt Bayreuther Straße geht, um mit den Anwohnern in Kontakt zu kommen. In zwei Wohnblockbereichen leben dort Flüchtlingsfamilien, Menschen aus schwierigen sozialen Verhältnissen und Personen, die sonst gänzlich ohne ein Dach über dem Kopf wären. Beim jüngsten Besuch am 12. Oktober bringen die haupt- und ehrenamtlich Engagierten Kuchen, Kaffee und Kaltgetränke mit. Sie gehen zusammen von Tür zu Tür und laden Kinder, Jugendliche und Erwachsene zu Kaffee und Kuchen ein. Es ist ein sonniger, warmer Herbsttag. Dennoch halten sich außer ein paar Kindern und ein paar jungen Männern keine Leute im Hof der beiden Wohnblockanlagen auf. Ein Teil der Gebäude ist in einem schlechten Zustand. In einer Wohnung fehlt das Fensterglas, der Bereich oberhalb der Fensteröffnung ist schwarz verrußt – hier hat es gebrannt. Die Flure im Innern des Gebäudes sind nur schwach beleuchtet, einfache Stahltüren grenzen die einzelnen Wohnungen ab. Klingeln gibt es selten. Hier öffnet ein Mann, dort ein Kind. An diesem Samstag ist Pfarrer Dr. Udo Stenz zusammen mit Mitgliedern der Gemeinde und weiteren Seelsorgern der Pfarrei unterwegs im Viertel. Zunächst wurde im Pfarrheim Kaffee gekocht und der selbst gebackene Kuchen aufgeschnitten. Zwischen 12 und 15 Uhr ist die Gruppe in der Bayreuther Straße. „Meistens sind wir mehr, so dass wir zwei Gruppen bilden können.“ Das Gute an dieser Aktion: Wer Zeit, Lust und Interesse hat, kann sich anschließen. „Es gibt einen harten Kern, aber immer wieder kommen neue Leute dazu.“ Es tue gut, miteinander in der Gruppe unterwegs zu sein, sagt Pfarrer Stenz. Das Besuchsteam ist gut eingespielt, man versteht sich auch ohne viele Worte, wenn Kuchen auf Teller verteilt oder Kaffee in bereitgehaltene Tassen ausgeschenkt wird. Für alle Fälle hat der Besuchsdienst aber alles mit dabei: Tassen, Servietten, Besteck, Milch und Zucker, Becher für die Kaltgetränke. Mit einem Gebet beginnen die Besucher ihren Dienst, nach Abschluss stehen sie noch kurz zusammen, um miteinander Eindrücke und Erfahrungen der Tour zu teilen. Zuhören und Zeit schenken Bei der Aktion im Sommer war die Gruppe mit einen Eiswagen, der gesponsert wurde, da. Im Advent wird es nicht nur Kaffee und Kuchen geben, sondern auch Schoko-Nikoläuse für die Kinder im Viertel. Auch die Italiener von der St. DreifaltigkeitKirche haben bei der Besuchsaktion schon mitgemacht: Damals wurde frischgebackene Pizza angeboten. Das kam natürlich auch gut an. „Dass wir in die Bayreuther Straße fahren und etwas mitbringen, soll eine ganz normale Angelegenheit sein“, betonte Gemeindemitglied Danuta Kambakamba. Es sei ein überschaubares Engagement, eigentlich keine große Sache, sagt sie. Und Anna-Maria Kroschewski ergänzt: „Wir machen das gerne und möchten zeigen, dass die Leute hier auch zu uns, zu unserer Pfarrei gehören.“ Pfarrer Stenz: „Wir erwarten nichts von den Menschen dafür. Es ist an uns, den Menschen hier etwas zu geben.“ Selbstverständlich wird bei den Besuchen zu den Gemeindefesten in der Pfarrei eingeladen. Und wirklich – der eine oder andere kommt auch vorbei und bereitet so, ohne es vielleicht zu ahnen, den Engagierten eine große Freude. Entstanden war die Idee des Besuchsdienstes im früheren Pfarrgemeinderat von St. Dreifaltigkeit. „Inzwischen kommen wir ja seit Jahren ins Viertel, also kennen wir einige der Bewohner und ihre Schicksale schon besser“, sagt Dr. Valérie André, stellvertretende Vorsitzende des Pfarreirates. Die französisch-stämmige Ludwigshafenerin weiß genau, warum sie hier Dienst tut: „Ich finde, man muss unbedingt den Leuten hier zeigen, dass auch sie zu unserer Gesellschaft gehören und dass wir sie nicht vergessen, obwohl sie nicht so viel Glück im Leben hatten wie wir.“ Wichtig sei, den Menschen Zeit zu schenken, ihnen zuzuhören, wo sich Gespräche ergeben. „Ich glaube, viele in Ludwigshafen wissen gar nicht, dass es dieses Viertel hier gibt, oder sie waren nie hier.“ Valérie André räumt ein, vorher auch nichts von den Menschen in den Sozialwohnungen geahnt zu haben. Und sie kritisiert die Stadtverwaltung für den „erbärmlichen, entwürdigenden Zustand der Häuser. „Es sieht so aus, als habe man sich um das Viertel jahrelang nicht gekümmert, sondern einfach immer nur die Sozialfälle hierher geschoben.“ Soziale Arbeit im Viertel sei wichtig, so die Gemeindemitglieder. Als einen Segen empfinden sie die neu entstandene städtische Kindertagesstätte im Viertel, die Einrichtungen von Caritas, Ökumenischer Fördergemeinschaft und Die Tafel sowie die Ideen und Planungen für die entstehende Heinrich Pesch Siedlung. gh/pil